Muzeum Susch


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Liljana Çefa

(g. 1940)

Tirana, Albania

Liljana Çefa while painting in 1960s, Courtesy of the artist.
Liljana Çefa while painting in 1960s, Courtesy of the artist.

DIE KÜNSTLERIN

Liljana Çefa, Portrait of Women, 1968, Pen and tempera on paper, 43 x 32 cm, Courtesy of the artist.

Liljana Çefa wurde 1940 in Tirana geboren und lebt und arbeitet heute in Shkodër. Ihre Begeisterung für Kunst wurde von ihrem Vater, ihren Grundschullehrer:innen sowie ihrem Onkel Loro Kovaçi gefördert, der sie darin bestärkte, der Beschäftigung mit Kunst ernsthaft nachzugehen. Dank dieser Unterstützung führte ihr Weg sie in das Kunstlyzeum Jordan Misja in Tirana, wo sie von bekannten Lehrern wie etwa Kel Kodheli, Vilson Kilica und Abdurrahim Buza unterrichtet wurde und zu einer beeindruckenden Gemeinschaft von Nachwuchsmaler:innen gehörte.

Nach ihrem Abschluss an dieser Kunstschule schrieb sie sich an der Universität der Künste in Tirana ein. Sie war die erste Frau in der Malereiklasse von Albaniens Kunsthochschule, die sie 1966 abschloss. Nach ihrem Diplom kehrte sie nach Shkodër zurück, wo sie ihren späteren Ehemann kennenlernte. Durch seine Unterstützung konnte sie sich ganz ihrer Kunst widmen, da er ihr bei der Hausarbeit und bei der Kindererziehung half. Nachdem sie im Alter von 50 Jahren in den Ruhestand eingetreten war, verbrachte Çefa sogar noch mehr Zeit damit, sich der Malerei zu widmen, Kinder in Schulklassen zu unterrichten und in ihrem heimischen Atelier zu arbeiten. Sie beschloss ausserdem, zu Ehren ihres Vaters, der wollte, dass der Familienname fortbesteht, ihren Mädchennamen Çefa zu behalten.

Während des kommunistischen Regimes in Albanien war das Kunstsystem von staatlichen Institutionen streng kontrolliert, so auch der Verband der Künstler und Schriftsteller, dem Çefa angehörte. Die meisten ihrer bedeutenden Werke entstanden vor 1990, und sie waren von Themen des Sozialistischen Realismus geprägt, die grossenteils von der Ideologie der damaligen Zeit bestimmt waren. Innerhalb dieser Beschränkungen behielt sie dennoch ihre einzigartige Sichtweise bei, bei der sie sich auf Frauenfiguren als ihre Hauptsujets konzentrierte, gleich ob diese Mütter, Kämpferinnen oder Arbeiterinnen repräsentierten. Diese Charaktere waren Teil von Kompositionen, die sich mit vom Verband der Künstler und Schriftsteller geforderten Themen beschäftigten, und ihre Arbeiten wurden in Gruppenausstellungen, vor allem in Tirana, gezeigt, wobei einige davon Eingang in die Sammlung des Staates fanden.

In den Jahren der Diktatur stellte das Leben als Maler:in eine Herausforderung dar, weil künstlerische Themen von Regierungsbehörden vorgeschrieben wurden und sich häufig auf nationalistische oder ideologische Sujets fokussierten. Der Verband der Künstler und Schriftsteller gab Broschüren mit Themen heraus, zu denen die Künstler:innen Werke schaffen sollten, die später in Gruppenausstellungen präsentiert wurden. Wie viele andere auch befolgte Çefa diese Richtlinien und schuf Kompositionen, die an den Prinzipien des Sozialistischen Realismus festhielten, wobei sie aber auch versuchte, wo auch immer möglich ihren eigenen Ansatz einzubringen. Die staatliche Kontrolle über den künstlerischen Ausdruck war streng: Eine Regierungskommission besuchte die Künstler:innen während ihrer Arbeit in ihren Ateliers und wies sie an, wie sie ihr Werk mit den vorgeschlagenen Themen und den von der Partei diktierten ideologischen Grundsätzen in Einklang bringen sollten. Diese Kommission, die normalerweise aus Bürokrat:innen mit wenig Bezug zur Kunstwelt bestand, hatte einen entscheidenden Einfluss auf das Schaffen der Künstler:innen.

Çefa erinnert sich an eine Episode, bei der sie ein junges Mädchen beim Nähen einer Fahne malte und dabei sich selbst Modell stand und traditionelle Kleidung ihrer Schwiegermutter trug. Die Kommission bestand darauf, dass der Kopf des Mädchens in dem Gemälde erhoben sein sollte, damit es Stolz vermittelte. Çefa nahm die geforderten Anpassungen vor, hatte aber das Gefühl, dass es der überarbeiteten Fassung an Authentizität fehlte. Nach dem Ende der Diktatur stellte sie die Originalversion ihres Gemäldes wieder her, das heute Teil der Sammlung der Stadtgalerie Shkodër ist.

Çefa entsinnt sich, dass Malerei und Zeichnung lebenslang ihre Beschäftigung waren: Sie begann mit Ölfarben auf Holz und Leinwand und ging später zu Farbstiften auf Papier über, einem Medium, das sie wegen eines Augenleidens, an dem sie seit ihrer Kindheit erkrankt ist, als leichter handhabbar empfand.

Bevor sie eine grosse Komposition schuf, sollte Çefa umfangreiche vorbereitende Studien anfertigen, indem sie Skizzen und Zeichnungen ihrer Hauptsujets nach der Natur produzierte. Dieser vorbereitenden Arbeiten machen heute den Grossteil ihres erhaltenen Nachlasses aus. Trotz der staatlich diktierten Themen waren ihre Hauptinspirationsquelle immer Kinder, später gefolgt von der Natur. Kinderporträts dominieren ihre vor 1990 entstandenen Werke, für die sie in ihren eigenen Kindern, deren Freund:innen sowie Cousins und Cousinen die geeigneten Modelle fand.

Etliche Werke von Çefa sind Teil der Sammlung der Nationalen Galerie der Künste in Tirana. Unter ihnen befindet sich Kinder im Museum (1974), ein repräsentatives Beispiel für ihre Arbeiten in den 1970er und frühen 1980er Jahren. Sie brauchte ungefähr drei Monate für die Schaffung dieses Gemäldes, für das sie zuerst zahlreiche detaillierte Skizzen und Studien für jedes dargestellte Kind anfertigte, die alle auf real existierenden Modellen basierten, unter anderem ihrem Sohn und dessen Mitschüler:innen. Das Gemälde zeigt einen Lehrer[ED1] mit einer Gruppe von Erstklässler:innen bei einem Besuch des Pavillons des Antifaschistischen Nationalen Befreiungskampfes im Nationalen Historischen Museum. Während die museale Umgebung in dem Gemälde frei erfunden ist, bezieht sich die Szenerie dennoch auf real existierende Museen der damaligen Zeit in Shkodër sowie das Historische Museum in Tirana. Das Werk fängt einen interessanten Moment ein, wie Geschichte vermittelt wird, und spiegelt die Entstehung und Bewahrung des kollektiven Gedächtnisses wider.

Çefa war an zahlreichen Ausstellungen beteiligt, und etliche ihrer Werke wurden vom Staat angekauft, von denen sich einige in den Sammlungen der Nationalen Galerie der Künste sowie in der Stadtgalerie Shkodër befinden. Viele ihrer Leinwandarbeiten, die auf staatliche Institutionen in ganz Albanien verteilt worden waren, gingen nach den 1990er Jahren verloren. Nach dem Niedergang des Kommunismus verkaufte sie wegen der wirtschaftlichen Not des Landes ihre Werke häufig zu niederen Preisen. 2022 wurde ihre Arbeit Kinder im Museum (1974) wieder in der Ausstellung Ambitions in der Nationalen Galerie der Künste in Tirana sowie in der Nationalgalerie des Kosovo gezeigt. Die Schau, die von Adela Demetja mitkuratiert wurde, kennzeichnete ein erneutes Interesse an Çefas Geschichte und künstlerischem Schaffen, die Demetja weiter erforscht und fördert.

DER NACHLASS

Liljana Çefa, Fatosat në muze (The children in the Museum), 1974, 133 x 158,3 cm, oil on canvas. Photo Ylli Bala, Courtesy of the National Gallery of Arts.

Der Nachlass von Liljana Çefa, der sich in Shkodër befindet, wird derzeit von ihrem Sohn Andi Hila verwaltet, der ebenfalls bildender Künstler ist. Die vorbereitenden Werke machen heute den grössten Teil ihres erhaltenen Nachlasses aus. Obwohl sie viele Stücke in ihrer privaten Sammlung behalten hat – hauptsächlich Werke auf Papier –, sind die meisten ihrer Schlüsselwerke unauffindbar. Ihre Privatsammlung umfasst auch zahlreiche Selbstporträts aus verschiedenen Schaffensphasen ihres Lebens.

Text von Adela Demetja