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SUSCH

Up to and Including Limits: After Carolee Schneemann

Kuratiert von 

Sabine Breitwieser 

29. Dezember 2019 – 19. Juli 2020 


Carolee Schneemann, Controlled Burning: Fireplace, 1963–1964, courtesy of the Estate of Carolee Schneemann, Galerie Lelong & Co., Hales Gallery, and P•P•O•W, New York © Carolee Schneemann


Carolee Schneemann arbeitete medienübergreifend, ausgehend von Malerei und Assemblage über Performance bis zu Film, Video und Fotografie, sie verstand sich aber stets als Malerin. Sie schuf neue Kunstformen indem sie Gemälde buchstäblich in Bewegung versetzte. Schließlich brachte sie ihren eigenen Körper in umfangreichen Choreografien und Installationen ein und prägte dafür den Begriff des „kinetischen Theaters“. Neben ihrem experimentellen und multidisziplinären Umgang mit künstlerischen Medien stellte sich Schneemann die Frage, wie sie gleichzeitig „Bild und Bildschöpferin sein kann“ und schuf experimentelle fotografische und filmische Arbeiten über sich selbst. Sie reflektierte über ihre Rolle in der Gesellschaft, insbesondere über ihren Kampf um Anerkennung als Künstlerin, und emanzipierte und bestimmte die Repräsentation der Frau in der Kunst neu, indem sie sich das Bild des weiblichen Körpers wiederaneignete. Der Titel der Ausstellung stammt von einer ihrer wegweisenden Arbeiten, Up to and Including Her Limits (1973–1976), eine Performance, die sie über längere Zeiträume und mehrmals aufgeführt hat, bevor diese in eine Videoinstallation mündete. Mit persönlichen Thematiken, insbesondere Sex und Lust aus der Sicht der Frau, wie in ihrem Film Fuses (1964–1967), stellte Schneemann traditionelle und patriarchalische Wahrnehmungen von Nacktheit und Sexualität in Frage.

 

Up to and Including Limits: After Carolee Schneemann ist kuratiert von Sabine Breitwieser, der ehemaligen Direktorin des Museums der Moderne Salzburg, wo sie 2015 die Ausstellung „Carolee Schneemann: Kinetic Painting“ verantwortete, die danach im Museum für Moderne Kunst MMK, Frankfurt am Main, und im MoMA PS1, New York, gezeigt wurde. Breitwieser erläutert, dass „diese Ausstellung von Grenzsetzungen angetrieben wird, sowohl in künstlerischen Medien als auch in der Gesellschaft: wie diese überwunden, verändert und im Laufe der Zeit überschritten werden. Während es das Ziel von Schneemann war, visuelle Prinzipien von der Leinwand ins Leben zu übertragen, setzt sich diese Ausstellung mit neuen Herausforderungen und Grenzen unserer Gesellschaft auseinander. Wir untersuchen darin, wie und in welchen Formen sich die expansive und innovative Nutzung künstlerischer Medien in Werken der Generationen „nach Carolee Schneemann“ weiter entwickelte und welche Fragen im Hinblick auf den Körper heute zur Debatte stehen.“

 

Die Ausstellung erkundet, wie nach den bahnbrechenden Veränderungen in den 1960/70er-Jahren mit Schneemann als Pionierin unter den feministischen Künstlerinnen, Themen der medialen Erweiterung und des emanzipierten Körpers in der Kunst bearbeitet werden. Welche Veränderungen hat die Darstellung des Körpers, insbesondere unser Verständnis desselbigen inzwischen erfahren? Welche neuen Fragen werden heute aufgeworfen, wenn Künstler*innen mit ihrem Körper arbeiten oder diesen in seinem sozialpolitischen Zusammenhang thematisieren? Konnten die Generationen „nach Carolee Schneemann“ die Nutzung von künstlerischen Medien, der Körper miteingeschlossen, und ihre Methoden weiter innovativ ausbauen? Schneemanns Kunst war experimentell und ihrer Zeit voraus, einige Arbeiten wurden als provokativ aufgefasst und riefen Kontroversen hervor. Diese Ausstellung gibt uns Gelegenheit zu überprüfen, wie wir heute mit neuen Erscheinungsformen und erweiterten Inhalten von Kunst, mit Bildern von Nacktheit und Sexualität insbesondere des weiblichen Körpers umgehen, während letztere im öffentlichen und digitalen Raum bereits allgegenwärtig sind.

 

Die Ausstellung ist als Rundgang über die vier Stockwerke des Muzeum Susch angelegt und als Dialog zwischen wegweisenden Werken von Schneemann und Werken von Künstler*innen nachfolgender Generationen gestaltet. Die ausgewählten Kunstwerke spiegeln Schneemanns multidisziplinären und multimedialen Ansatz wider.

 

Die an der Vernissage aufgeführten Performances spiegelten Schneemanns Einsatz des Körpers als Medium wider. Die Premiere vo Noise Bondies (2019) von Chicks on Speed war vom gleichnamigem Werk der Künstlerin von 1965 inspiriert, in dem diese mit Alltagsgegenständen am Körper operierte. Die Performance im Muzeum Susch wurde aufgezeichnet und als immersive Installation in der Ausstellung umgesetzt. 

 

In Dialog mit einer Reihe von Werken steht Schneemanns Choreografie Meat Joy (1964), in der ein Ensemble von Männern und Frauen orchestrierte Bewegungen aufführte – mit Licht, Klang und „Fleisch“ als Material in allen erdenklichen Formen, von rohem Fisch und Huhn über Plastik, Seile, Papierschnipsel und Farbe, das von der Künstlerin als „opulent ekstatischen erotischen Ritus“ bezeichnet wurde. Sowohl Ragnar Kjartanssons Variation on Meat Joy (2013) als auch Mette Ingvartsens 69 Positionen (2014) nehmen direkt Bezug auf diese legendäre Arbeit von Schneemann. In ihrer Reihe The Red Pieces setzt sich Ingvartsen mit der Beziehung zwischen Sexualität und Öffentlichkeit auseinander, und nach den gefeierten originalen Live-Auftritten kommen zwei Werke davon hier in Susch als Video zur Uraufführung. Ebenso werden frühe Arbeiten von Pipilotti Rist zu sehen sein, die sich auch gerne auf Schneemann bezieht und deren Arbeiten die Vorstellung von Frauen und deren sexuellem Begehren in der Populärkultur herausfordern.

 

Mit Blick auf den erweiterten Begriff des künstlerischen Mediums hinterfragt die Ausstellung auch die Grenzen, die in Schneemanns Werk eingebettet sind. Schneemanns Vulva's Morphia (1995) wird in Gegenüberstellung mit Katrina Daschners Arbeiten gezeigt, darunter Zuhälter (1999) gezeigt, einer Reihe von Collagen von gestrickten Körperapplikationen, die sich mit Schneemanns heteronormativer Perspektive auseinandersetzen. Up to and Including Limits: After Carolee Schneemann bewegt sich in dem von der Künstlerin geschaffenen Bedeutungsraum und zeigt die Grenzen, die von zeitgenössischen Künstler*innen heute in Frage gestellt werden.  

 

* Die Ausstellung zeigt explizit sexuelle Inhalte, Besucher*innen betreten das Museum nach eigenem Ermessen.



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